Bericht über die Tätigkeit des Parlamentes 2018 bis 2022: Das Ratspräsidium hat seine Arbeit nicht gemacht
Der Kanton St.Gallen verliert immer mehr den Anschluss. Dies zeigt sich nicht zuletzt in der Arbeitsweise seines Parlaments. Während andere Kantonsparlamente einen viel kürzeren Sitzungs-Rhythmus pflegen – auch um dem Anspruch der Aktualität gerecht zu werden - tagt der St.Galler Kantonsrat nur viermal pro Jahr, während jeweils zweieinhalb Tagen. Von einer zeitnahen Behandlung der Vorstösse ist man weit entfernt, die Vorlagen stauen sich mehr und mehr.
Die personelle Zusammensetzung der Kommissionen bildet nicht die Kräfteverhältnisse im Parlament ab. Das Thema «Reduktion der Fraktionsmindestgrösse» bleibt weiterhin ausgeklammert. Kleinere Parteien werden benachteiligt.
Offensichtlich fehlt der politische Wille, die Probleme zu lösen und zwingend notwendige Reformen anzustossen. So beantragt das Ratspräsidium nur kosmetische Änderungen am Geschäftsreglement. Aus Sicht der Grünliberalen eine verpasste Chance. Die GLP wird Rückweisung verbunden mit konkreten Aufträgen beantragen.
XXIV. Nachtrag zum Geschäftsreglement des Kantonsrates
XXV. Nachtrag zum Geschäftsreglement des Kantonsrates
Die Elefanten werden nicht angesprochen. Stattdessen beschäftigen wir uns mit Details: ob man jetzt von Aufwandsentschädigung oder von Funktionsentschädigung spricht, wer die Präsenzliste führen darf oder ob die Regierung einfache Anfragen auch mündlich beantworten darf.
Selbst bei den wenigen substanziellen Themen wird der Elefant in Raum ignoriert. Warum braucht es einen Ausbau der parlamentarischen Instrumente bei unaufschiebbarem Regelungsbedarf? Weil wir als Parlament von uns aus gar nicht gesetzgeberisch tätig werden können. Wir sind darauf angewiesen, dass uns die Regierung eine Vorlage zuleitet. Statt nun eine Diskussion über die parlamentarische Imitative zu führen, schaffen wir mir der «Motion bei unaufschiebbarem Regelungsbedarf» ein Vehikel das kaum je angewendet werden wird.
Ich mache ein Beispiel: der unaufschiebbare Regelungsbedarf hätte sich diesen März ergeben. Dann hätte das Präsidium eine besondere Kommission einsetzen können. Diese hätte dann die Motion bei unaufschiebbarem Regelungsbedarf einreichen können. Dann wäre lange nichts passiert. In dieser Session hätte dann die Motion behandelt werden können und frühestens im September hätte die Regierung eine Vorlage präsentieren müssen. Ein halbes Jahr wäre vergangen. Fazit: Wenn der Kantonsrat sich nie trifft, kann er auch nichts beschliessen. Der Bericht hält fest: «Ausserhalb der Sessionen sind die Instrumente des Kantonsrates stark eingeschränkt.»
Eine Diskussion dazu wird im Bericht aber nicht geführt. Während andere Kantonsparlamente einen viel kürzeren Sitzungs-Rhythmus pflegen – auch um dem Anspruch der Aktualität gerecht zu werden – tagt der St.Galler Kantonsrat neu nur noch viermal pro Jahr, während jeweils zweieinhalb Tagen. Von einer zeitnahen Behandlung der Vorstösse sind wir weit entfernt. Die Vorlagen stauen sich mehr und mehr.
2008 wurde der Kantonsrat von 180 auf 120 Mitglieder verkleinert. Man erhoffte sich damals effizientere Strukturen. Die Frage nach sinnvollen und kleineren Kommissionsgrössen wurde damals ausgeklammert und somit Potenzial zur Effizienzsteigerung einfach ignoriert.
Die Staatswirtschaftliche Kommission empfiehlt in ihrer Berichterstattung zur Bewältigung der «Corona-Krise», die Einführung von Fachbereichskommissionen. Das Präsidium sieht sich als nicht zuständig und verzichtet auf eine Diskussion. Dabei gibt es viele offene Fragen: Wie kann das Parlament gegenüber Regierung und Verwaltung gestärkt werden? Wie könnten die Kommissionsitzungen verbessert werden? Wie können alle Kräfte angemessen eingebunden werden?
Es wäre am Präsidium gewesen, diese Fragen zu prüfen und diesem Rat Effizienzsteigerungen vorzuschlagen. Schlanke Strukturen, den Steuerfranken effizient einsetzen – diese Schlagworte finden in diesem Saal grosses Echo – ausser es geht um Sie selbst – geschätzte Ratskolleginnen und -kollegen. Da hört nicht nur der Sparwille auf, sondern auch der schlanke Staat.
Während das Fokusthema «Vereinbarkeit von Familie und Politik» serös geprüft wurde –man hatte sogar eine Umfrage bei anderen Parlamenten durchgeführt, gleichen die Abhandlungen zur «Fraktionsgrösse» und zum «Beobachterstatus» einem Pamphlet. Auf eine sachliche Auseinandersetzung, auf ein Abwägen der Gründe dafür und dagegen wird verzichtet. Stattdessen wird mit unsachlichen Beispielen hantiert. Der Postulatsauftrag wird aus unserer Sicht damit nicht erfüllt.
Der Kanton St.Gallen verliert immer mehr den Anschluss. Sinnbildlich dafür ist die Arbeitsweise diesesParlaments. Offensichtlich fehlt der politische Wille, Probleme zu lösen und zwingend notwendige Reformen anzustossen.
Wir sind für Nicht-Eintretenauf den Bericht. Wir sind der Meinung, dass das Präsidium seine Arbeit nicht gemacht hat. Auf die Nachträge werden wir eintreten.