Dienstag, 29. November 2022

Kaufkraft der St.Galler Bevölkerung erhalten

Die gesamte Bevölkerung sollte von der Finanzpolitik des Kantons profitieren können. Es geht vor allem darum, angemessen auf die aktuelle Inflation zu reagieren: durch Verbesserungen bei den Prämienverbilligungen, durch den Teuerungsausgleich für das Staatspersonal und durch eine Steuersenkung von 5%.

Kantonsratsbeschluss über das Budget 2023


Für das Rechnungsjahr 2022 erwartet die Regierung dank höheren Steuererträgen und den Geldern der Nationalbank wiederum ein besseres Ergebnis von rund 214 Mio. Franken. Das für 2023 vorgestellte Budget präsentiert sich ebenfalls leicht besser als ursprünglich im Aufgaben- und Finanzplan 2023-2025 vorgesehen. Diese Verbesserung ist massgeblich auf die Steuererträge zurückzuführen. Die SNB-Gelder sind auf der Basis der sogenannten «Schattenrechnung» eingestellt, obwohl diese für 2023 kaum im budgetierten Umfang fliessen dürften.


Die Grünliberalen erachten dank des rund 1.6 Milliarden grossen Eigenkapitals eine Steuersenkung von 5% zur Reduktion der sogenannten «kalten Progression» für vertretbar. Der Fiskus soll die gewährten Lohnerhöhungen nicht gleich wieder abschöpfen, damit die Kaufkraft der St.Galler und St.Gallerinnen erhalten bleibt. Die Inflation wirkt sich besonders negativ auf Menschen mit geringeren Einkommen aus.


Aus diesem Grund unterstützen die Grünliberalen auch Verbesserungen bei den Prämienverbilligungen.


Die Finanzkommission will den Teuerungsausgleich für das Staatspersonal auf 1,5% reduzieren. Diese Sparübung auf Kosten der Kantonsangestellten unterstützt die GLP nicht. Sie spricht sich für den höheren Vorschlag der Regierung von 1,7% aus.



 

Franziska Cavelti Häller im Namen der Grünliberalen


Die wirtschaftlichen Aussichten für 2023 sind geprägt von beachtlichen Risiken und Unsicherheiten. Wir kennen alle die Gründe, die sich zu einem weltweit unberechenbaren Sturm zusammengebraut haben. Die Budgetierung ist vor diesem Hintergrund äusserst anspruchsvoll und das gut dotierte Eigenkapital beruhigend.

 

Das Budget 2023 geht nach Bezug aus dem besonderen Eigenkapital von einem negativen Rechnungsergebnis von 42,7 Mio. Franken aus. Dies ist ein um 28 Mio. Franken besseres Ergebnis als ursprünglich im AFP 2023-2025 vorgesehen. Die Steuererträge tragen wiederum massgeblich zu dieser Verbesserung bei, was für eine robuste St.Galler Wirtschaft spricht. Eine tragende Säule des Haushalts sind die SNB-Gelder. In der Vergangenheit wurden diese kleingerechnet, nicht zuletzt, um allzu grosse Begehrlichkeiten auszubremsen. So konnten in den letzten Jahren deutlich bessere Abschlüsse präsentiert werden. Dieses Jahr zeigtsich die Ausgangslage leider anders. Aufgrund der Schattenrechnung werden zu hohen SNB-Erträgen eingestellt und damit das Budget künstlich verbessert. Würde ich mit meinem Unternehmen wissentlich mit überhöhten Erträgen bei einer Bank vorstellig werden, würde mir die Tür gewiesen. Beim Kanton ist dies offensichtlich gängige Praxis.

 

Das Ausgabenwachstum kann auch im Budget 2023 nicht gestoppt werden. Der bereinigte Aufwand wächst überproportional zum Wirtschaftswachstum. Dadurch steigt die Staatsquote. Die höheren Ausgaben sind auf den Hochschulbereich, die Hospitalisationen, Behinderteneinrichtungen und auf die IPV zurückzuführen; all dies sind unverzichtbare Staatsaufgaben und deren Wachstum insbesondere im Sozialbereich zeigt den Fakt, wie zunehmend viele Menschen in unserer Gesellschaftauf Solidarität angewiesen sind.

 

Viele Fragen stellen sich beim Personal. Für die Erbringung der staatlichen Dienstleistungen wird Jahr für Jahr mehr Personal benötigt, zusätzliche Stellen im Bereich IT und Digitalisierung für Vorhaben wie «eGovernment» nicht mitgerechnet. Gleichzeitig steigen die Kosten für Honorare und eingekaufte Drittleistungen. Diese Situation ist unbefriedigend. Mittelfristig müssen sich die hohen Investitionen in die Digitalisierung mindestens durch eine Stabilisierung des Personalbestandes und damit der Lohnkosten rechtfertigen.

 

Nach wie vor nicht ausgestanden ist die Umsetzung der Spitalstrategie. Unsere Spitäler sind immer noch auf Finanzspritzen des Kantons angewiesen, sei dies für die Gewährung von höheren Darlehen oder für die Umwandlung von Darlehen in Eigenkapital. Es wird sich zeigen, ob sich die Strategie, Spitäler nicht zu schliessen, sondern zu verkaufen, langfristig auszahlen wird. Wir haben diesbezüglich unsere Zweifel bereits geäussert.

 

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass St.Gallen dank guten Jahren ein solides Budget auflegt. Gespannt sind wir auf die Ergebnisse der angelaufenen Effizienzanalysen. Um mit den uns anvertrauten Steuergeldern im Sinne der Bevölkerung einen wirtschaftlich prosperierenden, sozialen und nachhaltigen Kanton zu entwickeln, ist eine hohe Effizienz in derVerwaltungunerlässlich.
Wir bedanken uns bei Verwaltung und Regierung für die umsichtige Planung und die Erarbeitung der Unterlagen. Wir sind für Eintreten aufs Budgetund werden uns zu den Anträgen späteräussern.

 

 

Votum zumTeuerungsausgleich

 

Die IHK St.Gallen hat eine Lohnumfrage vorgenommen. Die wichtigsten Ergebnisse daraus sind wie folgt: In der Kernregion Ostschweiz erwarten die Unternehmen branchenübergreifend im Durchschnitt eine Lohnerhöhung von 2.3%, im Wahlkreis St.Gallen liegen die Lohnerwartungen mit 1.9% leicht unter dem Durchschnitt dergesamten Ostschweiz. Mit einervorgeschlagenen Lohnerhöhung von 2,1% werden die Staatsangestellten somit ähnlich behandelt wie durchschnittliche Mitarbeitende in der Privatwirtschaft. Dies ist gut so. Es gibt keinen Grund, unterschiedliche Massstäbe anzusetzen.

 

Im Vorfeld zu dieser Session wurden wir von zahlreichen Einzelpersonen und Verbänden aus dem Bereich Bildung, Pflege und Polizei angeschrieben. Gefordert wird meist der volle Ausgleich von 3 bis 3,5%. Die KOF, die Konjunkturforschungsstelle der ETH, erwartet für 2023 eine Entspannung auf dem Energiemarkt, welcher der wichtigste Treiber für die Inflation in diesem Jahr war. Ein Ausgleich von 3% oder mehr scheint uns deshalb nicht gerechtfertigt. Trotzdem ist der Unmut dieser Berufsgruppen zum Teil berechtigt. Die Belastungen sind hoch, dies lässt sich nicht negieren. Es gilt die Rahmenbedingungen bedürfnisgerecht auszugestaltenund genügend Ressourcen zur Bewältigung der Aufgaben zur Verfügung zu stellen. Dies reduziert Überbelastungen reell, ist aber meist eine Führungsaufgabe, welche vor Ort geleistet werdenmuss.

 

Differenzen zwischen Finanzkommission und Regierung bestehen in der Aufteilungder 2,1%. 1,5 oder 1,7% für den Teuerungsausgleich; 0,4 oder 0,6% für individuelle Anpassungen. Angesichts der für Schweizer Verhältnisse hohen Teuerung erachten wir den Vorschlag der Regierung als ausgewogen. Es ist uns wichtig, dass alle Staatsangestellten von einer Lohnerhöhung von mindestens1,7% profitieren können. Es ist schon erstaunlich, dass, einmal mehr, die Regierung nicht mit einem roten Blatt für ihren eigenen Vorschlag kämpft. Dass ausgerechnet die Grüniberalen, ohne Fraktion und als Nicht-Regierungspartei, für den Vorschlag der Regierung einstehen muss, ist bemerkenswert. Den Vorschlag der Regierung ist aus unserer Sicht austariert und wird deshalb favorisiert.