Dienstag, 20. April 2021

Kindern zu ihrem Recht verhelfen

Die Eidgenössische Migrationskommission (EKM) weiss gemäss eines Berichts vom Dezember 2019 von einer Gruppe von ca. 8500 Personen in der Nothilfe, die nicht ausreisen können, da kein Staat sie aufnehmen will. Diese Personen verbleiben somit in den Nothilfestrukturen.

Das Ausreise- und Nothilfezentren wurden ursprünglich für auf wenige Monate dauernde Vorbe­reitung der Ausreise konzipiert. Des Öfteren verbleiben Personen jedoch länger - auch Familien mit Kindern.


Es stellt sich die Frage, wie sich insbesondere die Situation für Kinder und Jugendliche im ANZ Sonnenberg darstellt. Dieses Ausreise- und Nothilfezentrum wird seit Januar 2019 betrieben. Bereits jetzt zeigt sich, dass einige Kinder (bzw. Familien) mehr als zwei Jahre im ANZ untergebracht sind.
 

Eine ausreichende Sozialisierung ist für Kinder und ihre gesunde Entwicklung wichtig. Aus diesem Grund ist es angezeigt, zu prüfen, wie sprachliche, gesellschaftliche, intellektuelle oder moralische Sozialisation in relativ bestän­digen peer groups für Kinder und Jugendliche im ANZ ermöglicht werden können. Auch eine Indivi­du­ation (die Entfaltung der eigenen Persönlichkeit, der zentralen Haltungen sowie Anschauungen und Perspektiven) ist für die Entwicklung einer stabilen Persönlichkeit unerlässlich und in den gegebenen Rahmenbedingungen des ANZ vorsichtig ausgedrückt erschwert.


Man muss realistischer­weise damit rechnen, dass viele dieser Kinder früher oder später doch in der Schweiz integriert werden müssen.


Der Ständerat hat im Herbst 2012 den automatischen Entzug der Sozialhilfe für abgewiesene Asylsuchende be­schlossen (Art. 82 Abs. 1 Satz 2 Asylgesetz). Der europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat eine Beschwerde gegen die Schweiz für zulässig erklärt, welche diesen Satz des Asylgesetzes aus dem Jahr 2012 für menschen­rechts­widrig beschreiben musste. Wenn Eltern, deren Asylantrag abgelehnt wurde, die Ausreise verweigern, verbleiben die Familien im ANZ. Das Diskriminierungsverbot der Kinderrechtskonvention untersagt die Benachteiligung von Kindern auf Grund der Handlungsweisen, Unterlassungen oder des Aufenthaltsstatus der Eltern. Ausserdem scheint es kaum möglich, dass das ANZ die Anforderungen der UN-Kinderrechtskonvention (diese wurde von der Schweiz ratifiziert) erfüllen, dass der Staat die Entwicklung der Kinder in grösstmöglichem Umfang fördert und den dafür erforderlichen, angemessenen Lebensstandard verschafft.


Die Interpellantinnen und Interpellanten erachten es als wichtig, dass die Rechte dieser unverschuldet in Notlage geratenen Kinder und Jugendliche gewahrt und ihre Entwicklungsmöglichkeiten gewährleistet werden. Die Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention soll im Kanton St. Gallen in Taten umgesetzt werden.
 

Wir bitten die Regierung um die Beantwortung folgender Fragen:

 


1. Wie stellt sich die konkrete Situation der Kinder im ANZ Sonnenberg bezüglich der UN-Kinderrechtskonvention dar? Insbesondere auch bezüglich der Beschulung?
 

2. Welche Rahmenbedingungen bezüglich der Ausgestaltung der ANZ sind national gegeben, welchen Ausgestaltungsspielraum hat der Kanton ins besonderes bezüglich der Kinder und Familien?


3. Wie gestaltet sich die Qualitätskontrolle der Betreuung der Kinder und Jugendlichen im ANZ?


4. Wurden bei solchen Kontrollen Missstände bezüglich der Situation der Kinder und Jugendlichen wahrgenommen? Falls ja, wie wurden diese behandelt?


5. Wurden seit Einführung der ANZ im Januar 2019 Ansätze verfolgt, welche die Rahmenbedingungen für Kinder und Jugendliche verbesserten?

 

Noger-Engeler-Häggenschwil, Steiner-Kaufmann-Gommiswald, Sarbach-Wil

Mattle-Altstätten; Bisig-Rapperswil-Jona; Cavelti Häller-Jonschwil; Monstein-St.Gallen (Mitunterzeichner und Mitunterzeichnerin)