Die SVP will mit einer neuen Initiative an allen Spitalstandorten eine Notfallversorgung erzwingen und «mit diesem konstruktiven Beitrag die verfahrene Diskussion über die St.Galler Spitallandschaft in die Hand nehmen». Die Initianten sagen, dass sie noch keine Vorstellung haben, wie dies konkret umzusetzen sei. Wir sind der Meinung, dass fachfremde Politiker nicht unser Gesundheitssystem gestalten sollten. Für uns Mediziner – und sicher nicht nur für uns – ist rasch klar, dass es hier um simple Wahlpropaganda geht.
Medizinisch betrachtet ergibt sich aus der Forderung nach neun Notfallstationen eine Ausgangslage, die noch mehr Probleme in der Spitalversorgung verursacht. Eine medizinisch sinnvolle Notfallstation braucht heute nicht nur eine ärztliche Person, die rund um die Uhr zur Verfügung steht. Um heute eine vernünftige Notfallversorgung anzubieten, muss auch bei einem medizinischen Notfall ein chirurgischer Back-up vorhanden sein.
Manchmal ist eine chirurgische Beurteilung oder Operation notwendig. Und schon brauchen wir eine Anästhesie. Die medizinische Versorgung ist in den letzten Jahren komplexer, interdisziplinärer geworden. Patientinnen und Patienten wünschen sich eine Notfallbehandlung. Wenn wir nachts im Jahresdurchschnitt nur einen Notfall sehen, dann steigen die Präsenzkosten für diesen einen Notfall ins Unermessliche. Und damit die Gesundheitskosten.
Die medizinischen Teams an allen Spitalstandorten sind sich der Herausforderung bewusst und arbeiten an guten Ideen zur Entwicklung einer Lösung, welche unnötige Kosten reduziert, aber auch den Anliegen der lokalen Bevölkerung gerecht werden soll. Wichtig ist am Ende, dass diese Lösungen medizinisch sinnvoll und umsetzbar sind. Die neue SVP-Initiative halten wir für politische Augenwischerei. Als Ansatz zur Lösung unserer Probleme ist er mit Sicherheit untauglich.
Prof. Pietro Vernazza, St.Gallen Chefarzt Infektiologie, KSSG