Dienstag, 19. Dezember 2023

Vernehmlassung zum Gesamtbericht und der Stundentafel des Gymnasiums der Zukunft (GdZ)

Es ist enttäuschend, wie wenige Inputs der Lehrerschaft aus der ersten Vernehmlassung aufgenommen wurden. Insgesamt wird das GdZ trotz der durchgeführten Vernehmlassungen in den Kantonsschulen als ‘Top down’ Projekt wahrgenommen und kritisiert.

von Sarah Noger-Engeler und Franziska Cavelti Häller

 

Stundentafel:

  • Das neu geplante Aufnahmeverfahren zum Übertritt von der Volksschule ins Gymnasium ist gut und sinnvoll aufgegleist und begründet.
     

  • Wir sind enttäuscht, dass die Interpretation der Umfrage «Bekasus 2021», welche auch die Belastung der Schülerinnen und Schüler erfragte, wenig differenziert erfolgte (rund 50% der SuS schätzen die Belastung als hoch bis sehr hoch ein). Die Studie kommt zu Schluss, dass sich die SuS vielleicht wegen dem Lockdown (Zeitpunkt der Datenerhebung) so belastet waren. Aus heutiger Sicht können wir klar sagen, dass die Belastungen und die Belastungswahrnehmung in der Gesamtbevölkerung seit Corona stetig zugenommen haben. Positiv nehmen wir zur Kenntnis, dass auf Gymnasialstufe ein Schulsozialdienst angedacht wird (mündliche Aussage von Tina Cassidy am Kickoff) – die Belastungen sind vor allem auch ausgelöst durch den durchgehenden Krisenmodus der Gesellschaft. Mit einem SSA auf Gymnasialstufe würde den SuS geholfen und die Lehrerschaft entlastet.
     

  • Das neu geschaffene Fach ‘Grundlagen reflektierten Denkens’ erfährt in der Praxis nur wenig Anklang. Dies aus vielseitigen Gründen. Erstens ist es bereits jetzt das Bestreben der Lehrpersonen inhaltsbezogen auf ihre Fachrichtungen ‘reflektiertes Denken’ zu leben und zu lehren und diese Grundkompetenz zu vermitteln – nicht losgelöst als ‘Denkmethode’ – sondern bezogen auf konkrete Inhalte. Ein weiteres wichtiges Thema ist die Frage, wer dieses Fach unterrichtet. Im Moment ist ein Kurzlehrgang für interessierte Lehrpersonen geplant (ca. 10 Lektionen): Wir fragen uns, ob ein so kurzer Crashkurs zu einer Lehrbefähigung in einem kantonalen Schulfach führt?
     

  • Die Reduktion der Lektionen in Geschichte und Geografie sind insbesondere in der heutigen Weltlage als sehr kritisch einzustufen. In einem direktdemokratischen Land, in dem die Bevölkerung über komplexe Sachfragen entscheiden soll, braucht es eine gute Basis in allgemeinbildenden Fächern wie Geschichte und Geografie.
     

  • Die Reduktion des Faches Deutsch schätzen wir als noch schwieriger ein, da bereits heute Unis und Hochschule beklagen, die Studierenden kämen mit zu wenig Know-how für eine allgemeine Studierfähigkeit ins Studium. Eine fundierte, breite Bildung in der Bildungssprache Deutsch erachten wir für die präzise Ausdruckfähigkeit deshalb als zentral.
     

  • Die Anpassungen in den interdisziplinären Wahlpflichtfächern erachten wir als sinnvoll (ab 2. Jahr, Reduktion der Lektionen, …). Jedoch bleibt es fraglich, ob das angestrebte interdisziplinäre Zusammenarbeiten stundenplanerisch überhaupt umzusetzen sind. Hier erwarten wir eine enge Zusammenarbeit mit den Schulen und die nötige Flexibilität auch im Projekt GdZ, wenn das Projekt ‘auf dem Papier’ in der Praxis nicht oder nur teilweise umsetzbar wäre.
     

  • Insgesamt ist zu sagen, dass das GdZ in seiner jetzigen Form die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erschweren wird. Viele Lehrerinnen und Lehrer bleiben in Teilzeit an den Schulen, wenn sie kleine Kinder zu Hause betreuen. Durch die grundlegenden Änderungen im Stundenplan (Fächerblöcke, quartalsweise oder semesterweise unterschiedliche Stundenpläne für die Lehrpersonen) wird es schwieriger, die Kinder beispielsweise in einem Hort betreuen zu lassen. Hier erwarten wir Grünliberalen klar eine Verbesserung. Es darf nicht sein, dass diese gut ausgebildeten Fachkräfte dem Arbeitsmarkt verloren gehen. Das kann sich die Schule beim heutigen Fachkräftemangel nicht leisten.
     

  • Das GdZ setzt auf Blockunterricht. Spricht man mit den SuS ist dies kein Wunsch. Viele schätzen es, dass der Tag und der Stundenplan abwechslungsreich ist. Dieser Entscheid ist zu überdenken, da abwechslungsreiche Stundenpläne die Motivation von SuS nachweislich stärken. 
     

  • Die politische Bildung soll explizit erst im 4. Jahr stattfinden. Im Gespräch mit Lehrkräften und Schülern erfährt man, dass politische Bildung sinnvollerweise in der 1. oder 2. Klasse angesiedelt wäre, da in dieser Zeit bei vielen Schülern ein persönliches Interesse an Politik entsteht. Die Fridays for future-Bewegung dokumentierte dies.

 

Insgesamt ist das GdZ zu wenig zukunftsorientiert. Die Stundentafel hätte mutiger gestaltet werden können, Konzepte aus anderen Kantonen hätten studiert werden können. Beispielsweise der Ansatz des Kantons Basel, Schülerinnen und Schüler durch prüfungsfreie Lernphasen zu entlasten und dann eine Prüfungswoche einzuführen, könnte eine interessante Möglichkeit sein, den Lernstress zu reduzieren und gleichzeitig die Leistung zu bewerten.