Mittwoch, 20. April 2022

Wer Wohnungen zum Vorzug vermieten kann, braucht keine Steuerentlastung

Wer Wohnraum an nahe Verwandte oder nahestehende Personen vorzugsweise vermieten kann, braucht keine Steuerentlastung. Zudem ermöglicht die Motion zusätzliche Schlupflöcher.

Vorzugsmieten werden steuerlich bessergestellt

 

Die Ratsmehrheit unterstützte die von der Die-Mitte-EVP-Fraktion eingebrachte Motion, welche eine steuerliche Entlastung für Vermieterinnen und Vermieter vorsieht, die Wohneigentum zu einer Vorzugsmiete an Verwandte oder nahe Bekannte vermieten. Die Motion hat Liegenschaftsbesitzer im Zentrum, die in vielen Fällen wahrscheinlich mehr als eine Liegenschaft besitzen und deshalb in der Lage sind, Wohnraum an nahe Verwandte oder nahestehende Personen vorzugsweise zu vermieten. Ist das der Mittelstand? Wohl eher nicht. Zudem lässt das neue System zahlreiche neue Steuerschlupflöcher zu. Aus diesen Gründen haben wir diese unnötige Steuerentlastung abgelehnt.

 

Vorzugsmiete gerecht besteuern
Franziska Cavelti Häller im Namen der Grünliberalen

 

Im vergangenen November haben wir eine allgemeine Steuerreduktion mitgetragen. Jetzt liegt bereits eine weitere Steuersenkungsvorlage auf dem Tisch. Ich möchte klarstellen, dass wir Steuersenkungen grundsätzlich begrüssen und diese deshalb sorgfältig prüfen. In diesem Fall sind wir jedoch nicht überzeugt, dass die steuerliche Entlastung an der richtigen Stelle ansetzt.


Die CVP-EVP-Fraktion stört sich am Eigenmietwert, welcher Vermieterinnen und Vermieter von Liegenschaften an nahe Verwandte oder nahestehenden Personen aufs Einkommen geschlagen werden. Der Eigenmietwert ist tatsächlich ein fiktives Einkommen; es fliesst effektiv kein Geld. Dies stört auch uns. Betroffen sind aber nicht nur Vermieterinnen und Vermieter, sondern auch Besitzer von Liegenschaften, die selber darin wohnen. Seit Jahren laufen auf Bundesebene Bestrebungen, dieses finanztechnisch fragwürdige Konstrukt durch eine logischere Lösung zu ersetzen. Dies unterstützen auch wir Grünliberalen.


Wir waren uns in diesem Saal mehrheitlich einig, dass zukünftig gezielt Familien und der Mittelstand entlastet werden sollen. Gemäss Definition des kantonalen Finanzdepartements verfügt der Mittelstand über ein Einkommen zwischen CHF 50'000 und CHF 150'000, der Bund definiert Einkommen zwischen CHF 50 000 und knapp CHF 90'000 als Mittelstand. Es stellt sich jetzt die Frage, ob die mit der Motion angestrebte Steuerentlastung die Richtigen trifft. Die Motion hat Liegenschaftsbesitzer im Zentrum, die in vielen Fällen wahrscheinlich mehr als eine Liegenschaft besitzen und deshalb in der Lage sind, Wohnraum an nahe Verwandte oder nahestehende Personen vorzugsweise zu vermieten. Ist das der Mittelstand? Wohl eher nicht.


Zudem ermöglicht die Motion zusätzliche Schlupflöcher. Man stelle sich folgendes Beispiel vor: Ich kaufe für meine Tochter fürs Studium in St.Gallen eine Wohnung und vermiete sie ihr für 51% des Eigenmietwertes. Die Miete bezahlt sie mit ihrem Unterhaltsgeld und ich ziehe den Unterhalt als Ausbildungskosten wieder ab. Dies ist doch wirklich keine gute Lösung. Wir bevorzugen es deshalb, in dieser Frage die Lösungsvorschläge auf Bundesebene abzuwarten.
Aus diesen Gründen lehnen wir die Motion ab.