Dienstag, 29. November 2022

Gegen Schwächung des Kantonsparlaments

Mit der beantragten Streichung von einer der fünf Sessionen würde sich die Legislative selbst schwächen.

XXIII. Nachtrag zum Geschäftsreglement des Kantonsrates


Bereits in der Debatte zum Haushaltsgleichgewicht während der Novembersession 2021 haben sich die Grünliberalen gegen die Streichung der Aprilsession und somit gegen eine Schwächung des St.Galler Kantonsparlaments ausgesprochen. Die jährliche Anzahl Sitzungen ist im Vergleich zu anderen Kantonen schon heute niedrig. Unser politisches System basiert auf einer ausgeglichenen Gewaltenteilung. Mit der beantragten Streichung von einer der fünf Sessionen würde sich die Legislative selbst schwächen. Die Verlängerung der Sessionsdauer auf vier Tage wäre in unserem Milizsystem für viele Kantonsrätinnen und Kantonsräte kaum praktikabel und könnte zu vermehrten Abwesenheiten im Rat führen.


 

Andrin Monstein im Namen der Grünliberalen


Bereits in der Debatte zum Haushaltsgleichgewicht während der Novembersession vor einem Jahr haben wir Grünliberalen uns klar gegen die Streichung der Aprilsession ausgesprochen. Auch mit der nun konkret ausgearbeitetenVorlage überwiegen für uns die Nachteile deutlich, weshalb wir gegen diesen Nachtrag zum Geschäftsreglement sind.

 

Wir sind dezidiert der Meinung, dass wir unser Parlament, die Legislative des Kanton St.Gallen, mit der Streichung einer Session unnötig schwächen würden. Bereits heute tagen wir im Vergleich zu anderen Kantonsparlamenten nur selten. Graubünden ist einer der wenigen Kantonen, der auch noch ein vergleichbares Sessionssystem kennt, da gibt es allerdings 6 Sessionen pro Jahr. Der kleine Kanton Glarus, mit rund 40'000 Einwohnerinnen und Einwohnern gut doppelt so gross wie Gossau, hat im Schnitt über eine Sitzung pro Monat. Im Thurgau trifft man sich jeden zweiten Mittwoch, in Zürich sogar wöchentlich.

 

Die Gründe dafür, die Vorteile häufigerer Sitzungen und Sessionen, sie liegen auf der Hand. Denken wir nur an Corona zurück. Die Pandemie hat exemplarisch aufgezeigt, dass in gewissen Zeiten schnelles Handeln und schnelle Entscheidungen benötigt werden – wir hingegen sahen uns oftmals gezwungen, ganze Vorlagen und millionenschwere Unterstützungskredite mehr oder weniger optionslos abzunicken. Wenn wir die Verantwortung in zukünftigen Krisen nicht vollumfänglich an die Regierung delegieren möchten, sollten wir uns definitiv nicht noch seltener beraten.

 

In der Vorlage finden sich zudem weitere Punkte, welche wir klar ablehnen. So beabsichtigt das Präsidium, die Sessionstage zu verlängern und rechnet dafür in der Botschaft die Stunden vor. Dabei geht es einzig auf die Quantität ein, vernachlässigt wird aber die Qualität. Wir haben grosse Zweifel, ob die Beratungsqualität in der Ratsdebatte von 17:00 bis 19:00 Uhr stets gewährleistet wäre. Wir sind dem St.Galler Volk aber verpflichtet, unsere Arbeit sorgfältig zu leisten und nicht müde Stunden abzusitzen.

 

Darüber hinaus erachten wir die Möglichkeit, Sessionen auf vier Tage zu verlängern, als problematisch. In unserem Milizsystem sind wir auf die Vereinbarkeit zwischen politischem Mandat und beruflicher Tätigkeit angewiesen. Mit viertägigen Sessionen tun wir der Attraktivität unseres Milizsystem aber definitiv keinen Gefallen. Ob man nun eine Unternehmerin, Landwirt, Lehrerin, Anwalt, oder Gemeindepräsidentin ist oder sonst einen Beruf ausübt, viertätige Absenzen sind mit beruflicher Tätigkeit schwer zu vereinbaren. Es bestünde das Risiko, dass sich Absenzen häufen, und auf die bereits erwähnten Beratungsqualität hätten viertägige Sessionen wohl ebenfalls keinen positiven Einfluss.

 

Die nun vorliegenden Anträge der SVP zu den Artikeln 71, 72 zielen genau auf diese Mängel in der Vorlage ab – die Sessionsverlängerung auf 4 Tage und an den Abenden. Wenn wir aber eintreten und erst dann mittels dieser Anträge korrigieren, fehlt wiederum die Beratungszeit und der Geschäftsstau nimmt weiter zu. Nicht-eintreten ist in diesem Geschäft der passende Weg.

 

Zu guter Letzt wäre auch der Spareffekt, der ursprüngliche Auslöser dieser Diskussion, bescheiden. In der Vorlage wird von einem theoretischen Sparpotenzial von 180'000 Franken pro Jahr ausgegangen, wobei sich dieser Betrag durch zusätzliche Sessionstage oder Fraktionssitzungengemäss Antrag der FDP, auch noch reduzieren könnte.

Es wäre eine ehrlichere Sparmassnahme, wenn wir die Gelder für Fraktionssitzung streichen würden. Wir Grünliberale haben im Übrigen bereits in der laufenden Legislatur keine Vergütung für unsere Landsitzungen. Die vorberatende Kommission hält auf jeden Fall zu Recht fest, dass der Spareffekt zu gering wäre, um die negativen Aspekte der Streichung der Aprilsession zu rechtfertigen.

 

Wir Grünliberalen sind für daher für Nichteintreten