Die Grünliberalen haben den Entscheid der Regierung zur allfälligen Anpassung der Lektionentafel in der Volksschule mit Spannung erwartet. Das nun vorliegende Ergebnis ist nur bedingt zufriedenstellend und dürfte der hohen Dringlichkeit der Entscheidungsfindung geschuldet sein. Der Entscheid des Bildungsrats ist Ausdruck davon, dass man die angespannte Situation in den Schulen ernst nimmt. Dass die Umsetzung dieser Änderung finanzielle Zusatzbelastungen für die Schulträger in einer wirtschaftlich angespannten Lage mit sich bringen wird, war absehbar. Die ursprünglich vorgesehene Lösung ohne Anpassung der Lektionentafel war aufgrund der fehlenden Lehrkräfte kaum umsetzbar. Die Regierung bessert nun nach, was im Grundsatz begrüsst wird. Eine Einschätzung der Detailanpassungen gestaltet sich allerdings schwierig.
In der Oberstufe werden Lektionen im Bereich der individuellen Schwerpunkte und Wahlfächer gestrichen. Die Umsetzung der Entlastung der Klassenlehrpersonen wirkt sich hier am deutlichsten auf das individuelle Lernen aus und organisiert so den Ausgleich zu Lasten der Jugendlichen.
Die Streichung von Lektionen in der 3. bis 6. Klasse ist ohne Anpassung der Lerninhalte unrealistisch, denn dies betrifft teilweise 1/3 der Jahreslektionen in einem Fach. Die GLP erwartet von der angekündigten Begleitgruppe mit Vertretungen aller Interessengruppen eine klare Periodisierung der Lerninhalte.
Dass im Kindergarten keine Lektionen eingespart werden, trägt dazu bei, das ohnehin unterdotierte Pensum der Kindergartenlehrpersonen zu erhöhen, was richtig und wichtig ist. Allerdings ist schwer nachvollziehbar, dass gerade in der 2. Klasse keine Lektionen gestrichen werden. Vor Einführung des Lehrplans 21 hatten die 1. und 2. Klasse genauso viele Wochenlektionen wie der grosse Kindergarten. Dies erleichterte die Stundenplanung bei den altersdurchmischten Doppelklassen und für Basisstufen-Modelle.
Mit dem neuen Lehrplan Volksschule wurde jedoch die Lektionenzahl in der 2. Klasse um eine Stunde erhöht, was die Stundenplanung vor besondere Herausforderungen stellt. Die Rücknahme dieser zusätzlichen Lektion wäre daher im Sinne der Schulen gewesen und erschien als naheliegendste Lösung. Die Folge der angedachten Lektionsanpassungen wird so beispielsweise sein, dass ein Drittklässler, der keinen Religionsunterricht besucht, künftig weniger Unterrichtsstunden haben wird als ein Kindergartenkind im zweiten Jahr, was äusserst fragwürdig ist.
Die Grünliberalen würden es begrüssen, wenn die Begleitgruppe und der Bildungsrat ihre Entscheidungen justieren würden. Die Schwierigkeiten in den Anpassungen zeigen aber auch klar auf, dass es an der Zeit ist, den Lehrplan 21 – zehn Jahre nach dessen Einführung – ehrlich und umfassend zu evaluieren. Auch dazu fordern die Grünliberalen Kanton St. Gallen die Verantwortlichen in unserem Kanton auf.