Vernehmlassungsantwort zur Bundesvorlage
zum Zahlungsrahmen Nationalstrassen 2024–2027,
zum Ausbauschritt 2023 für die Nationalstrassen,
zum Verpflichtungskredit und zur Anpassung des Bundesbeschlusses über das Nationalstrassennetz
Durch die „Spange“ soll ein Rückstau auf die Autobahn, verursacht durch einen Kapazitätsengpass am Knoten Ausgang Schorentunnel, verhindert werden. Vergleichsweise einfach auszuführende Massnahmen zur Entflechtung von Fuss- und Veloverkehr vom MIV können den Durchlass dieses Knotens hingegen erweitern.
Beobachtungen während der kürzlich gestarteten Bauphase zur Instandhaltung der Autobahn A1 zeigen, dass trotz allabendlichen Staus Richtung Osten, der Verkehr durch den Schorentunnel noch fliesst, selbst wenn er im Rosenbergtunnel steht. Eine Überlastung des Knotens am Ende des Schorentunnels ist selbst in dieser Situation nicht erkennbar ist. Der Bau der Spange drängt sich folglich nicht auf.
Gründe, die gegen die «Spange» sprechen
Ein Bau neuer innerstädtischer Express-Strassen würde der Politik der Stadt St.Gallen entgegenwirken, mit unerwünschten Folgen für die ganze Stadt.
Das städtische Stimmvolk hat 2010 mit der Annahme der «Städteinitiative» bzw. des «Reglements für eine nachhaltige Verkehrsentwicklung» der Plafonierung des MIV zugestimmt. Durch die Ablehnung der «Mobilitätsinitiative», welche diesen Entscheids 2018 korrigieren sollte, wurde dieser Paradigmenwechsel noch unterstrichen. Ein Gegenvorschlag zu zwei weiteren Initiativen, welche zusammen die Fläche für den MIV innert 10 Jahren um 10 % reduzieren will, wurde erst gerade vom Stadtparlament angenommen. Die Spange Güterbahnhof widerspricht der aktuellen Politik der Stadt St.Gallen diametral.
Konkurrenz zum öffentlichen Verkehr
Mit der Fortführung der Spange via Liebeggtunnel ins Appenzellerland wird der 2019 eröffnete, parallel verlaufende Bahntunnel direkt konkurrenziert.
Die Stadt St.Gallen hat im Vergleich zu anderen Städten eine hohe Autodichte. Diese ist in letzter Zeit leicht sinkend. Die Reduktion der Autodichte liesse sich beschleunigen, indem die vier vernachlässigten Bahnhöfe von SBB und SOB auf dem Stadtgebiet besser ins ÖV-Netz integriert werden, z.B. durch eine S-Bahn im 15-min-Takt.
Wechselwirkung zum «Zubringer Appenzellerland» wurde nie überprüft
Die Kapazitätserweiterung der Achse Teufen–Autobahn führt zur Verlagerung von Verkehr, welcher bisher andere Anschlussstellen bevorzugte. Der Verzicht auf den Zubringer Appenzellerland durch Herisau (N25) wird diesen Effekt noch verstärken. Die Folge sind neue Engpässe im Bereich St.Leonhard-Brücke und der umliegenden Kreuzungen sowie auch im neuen unterirdischen Kreisel und am Ende der Spange Güterbahnhof. Die Grünliberalen sind keineswegs Verfechter der N25. In einer Umfahrung Herisau und im Autobahnaschluss Gossau-Ost, zur Entlastung der Stadt Gossau, sehen wir jedoch einen weitaus grösseren Nutzen als in der Spange Güterbahnhof.
Kein Nutzen für die meisten Ziele im Zentrum
Nicht berücksichtigt bei der Entwicklung der Idee der Spange Güterbahnhof wurde der Umstand, dass sich die meisten Ziele im Stadtzentrum, speziell die grössten Parkgaragen und die Zufahrt zum Hauptbahnhof, nordseitig der Bahnlinie oder östlich der Altstadt befinden. Sie sind somit durch die Spange nicht einfacher erreichbar.
Die Spange Güterbahnhof führt den Verkehr direkter ins Zentrum. Als erste Ausfahrt aus Richtung Zürich wird die Spange auch Verkehr ins Zentrum bringen, welcher seine Ziele über andere Ausfahrten schneller erreichen kann. Es gibt keine Notwendigkeit, den Verkehr direkter ins Stadtzentrum zu führen.
Zusätzlicher Verkehr kann nicht abgenommen werden
Für eine Feinverteilung ins untergeordnete Strassennetz fehlt am Ende dieser Spange der Stauraum und die Kapazität der vorhandenen Strassen in der Innenstadt. Das Zentrum der Stadt St.Gallen erträgt den durch diese Kapazitätserweiterung zusätzlichen MIV nicht. Die Folge sind Einschränkungen für den Fuss- und Veloverkehr sowie den öffentlichen Verkehr. Die Schaffung der nötigen Stauräume bedingt Gebäudeabrisse. Der Bau eines Autobahnanschlusses im Areal Güterbahnhof ist städtebaulich hochproblematisch.
Hohe Belastung während der Bauzeit
Der Bau der Spange wird während vielen Jahren starke Emissionen im Zentrum der Stadt verursachen. Der Umstand, dass die Tunnels nur wenige Meter unter der Oberfläche und in schwierigem Baugrund zu liegen kommen, bringt bauliche Probleme mit sich, welche Folgen für die Liegenschaften darüber haben könnten. Zudem wird die Entwicklung des Güterbahnhofareals, der letzten Freifläche im Zentrum St.Gallen, auf Jahre verunmöglicht und später durch die Untertunnellungen stark beeinträchtigt.
Themen, die unserer Ansicht nach zu wenig berücksichtigt wurden
Die Erarbeitung des Projekts Engpassbeseitigung St.Gallen begann vor ca. 20 Jahren. Das Konzept aus 3. Röhre und der Spange Güterbahnhof wurde um das Jahr 2012 als Ziel festgelegt. Die Erkenntnis, Massnahmen gegen den Klimawandel ergreifen zu müssen und das Bedürfnis, die Aufenthaltsqualität in Städten zu steigern, haben die Haltung zur Mobilität, im Besonderen zum motorisierten Individualverkehr, nachhaltig verändert. So würde in der heutigen Zeit ein Konsens für eine Lösung in dieser Art politisch kaum mehr gefunden werden. Dies gilt wohl auch für die anderen STEP-Projekte.