Der Bericht zeigt, dass der Finanzausgleich mehrheitlich die gewünschte Wirkung entfalten kann. Wir begrüssen zudem den Beizug der BSS, Volkswirtschaftliche Beratung AG, zur Erarbeitung dieses Berichts. Die Grundstruktur des Finanzausgleichssystems im Kanton St. Gallen mit einem Ressourcen- und Lastenausgleich entspricht den aktuellen Finanzausgleichssystemen in anderen Kantonen. Jedoch stellt der Kanton St. Gallen mit der vollständig vertikalen Finanzierung des Ressourcenausgleichs einen Ausnahmefall dar. Insgesamt zeigt der Wirksamkeitsbericht einen massgeblichen Anpassungsbedarf im kantonalen Finanzausgleich. Insbesondere die immer stärker ausgeprägte Diskrepanz bei den Gemeindesteuerfüssen zeigt, dass beim innerkantonalen Finanzausgleich in seiner bisherigen Form Optimierungspotenzial besteht. Demgegenüber scheint der politische Wille für mehr als nur "kosmetische Korrekturen" weiterhin gering zu sein. Die Grünliberalen bedauern die offensichtlich fehlende politische Bereitschaft zur nachhaltigen Verbesserung des kantonalen Finanzausgleichs.
Zu den einzelnen Punkten nehmen wir wie folgt Stellung:
(1) Wir sind enttäuscht, dass die Empfehlung, die Einführung eines den vertikalen Ausgleich ergänzenden moderaten horizontalen Finanzausgleichs aufgrund der «politischen Gesamtbeurteilung» nicht vertieft geprüft wird. Gemäss Empfehlung BSS wäre dies ein wichtiges Instrument, um das Auseinanderdriften der Steuerfüsse zu bremsen. Eines der wichtigen Ziele des Finanzausgleichs kann damit nur unzureichend erreicht werden und, wie der Bericht zeigt, verschärft sich die Steuerfussspanne im Kanton. Mit einem horizontalen Finanzausgleich wäre es möglich, Steuerdisparitäten zu verringern. Eine solche Neugestaltung des Finanzausgleichs würde es zudem erlauben, die Abschaffung des Ressourcenausgleichs zu prüfen oder für die Einführung eines neuen Sonderlastenausgleichs «Dichte» zu verwenden.
Wir bedauern den Entscheid der Regierung, den Status quo beizubehalten und beantragen, die mögliche Einführung eines den vertikalen Ausgleich ergänzenden horizontalen Finanzausgleichs mit den oben vorgeschlagenen Anpassungen spätestens im Wirkungsbericht 2028 umfassend darzustellen.
(2) Trotz des fehlenden politischen Willens zur Einführung eines horizontalen Finanzausgleichs, müssen die Ziele des Finanzausgleichs erreicht werden. Dies gelingt nur, wenn im heutigen Ressourcenausgleich die Mindestausstattung von derzeit 96 Prozent weitergeführt wird und wenn gleichzeitig eine Kürzung der Sonderlastenausgleichsinstrumente «Schule» und «Weite» bei hoher Steuerkraft beibehalten wird. Diese Ausgleichsinstrumente müssen zur Erreichung der Ziele des Finanzausgleichs gestärkt werden.
Wir beantragen die Ausgleichsgrenze für die kommende Periode 2025 bis 2028 auf 96 Prozent des Durchschnitts aller Gemeinden beizubehalten. Sollte allerdings ein ergänzender horizontaler Finanzausgleich eingeführt werden, könnte der Ressourcenausgleich abgeschafft, rsp. die Gelder für einen Sonderlastenausgleich «Dichte» verwendet werden.
(3) Die Überprüfung des Sonderlastenausgleichs «Weite» hat gezeigt, dass einzelne Gemeinden aus dem Sonderlastenausgleich «Weite» einen Überschuss generieren. Dies widerspricht den Zielen des Finanzausgleichs und ist deshalb zu korrigieren. Da diese Beiträge aus den Mitteln des Strassenverkehrs finanziert werden, kann die Einsparung nicht für den Ausgleich anderer Sonderlasten verwendet werden. Es wäre aber prüfenswert, die eingesparten Ausgleichszahlungen durch eine Erhöhung des Kantonsbeitrages auszugleichen und dadurch andere Sonderlasten grosszügiger auszugleichen. Dies Anpassung ist aus Sicht des Kantons kostenneutral.
Wir beantragen, den Sonderlastenausgleich "Weite" so zu gestalten, dass Gemeinden keine Überschüsse generieren können. Die daraus resultierenden Einsparungen bei den Mitteln für den Strassenverkehr sollen vorzugsweise dem soziodemografischen Sonderlastenausgleich zugeschlagen werden.
Der Soziodemografische Sonderlastenausgleich wirkt viel zu schwach. Da es sich bei den Sozialausgaben weitgehend um Kosten handelt, die durch die Gemeinden kurz und mittelfristig kaum gesteuert werden können, muss dieses Ausgleichsinstrument deutlich gestärkt werden. Die Ungleichheiten in diesem Bereich haben sich in den vergangenen Jahren verstärkt. Aus unserer Sicht wäre ein Vergleich mit anderen Kantonen in Bezug auf eine bessere Verteilung der Kosten sehr sinnvoll. Einerseits könnte der Beitragssatz der Anrechnung von 60 Prozent angepasst bzw. erhöht werden, z.B. auf 70 Prozent. Eine andere Möglichkeit wäre es kostenintensive Einzelfälle, welche teils auch eine kleinere Gemeinde massiv belasten können, separat zu entschädigen. Einige Kantone kennen dafür «Zusatztöpfe» für betroffene Gemeinden. Ein solches System wäre unterstützend für die betroffenen kleineren Gemeinden wie auch für grössere Gemeinden mit Zentrumsfunktion.
Wir beantragen kurzfristig eine Stärkung des soziodemografischen Sonderlastenausgleichs durch Erhöhung des Beitragssatzes von 60 Prozent auf wenigstens 65 Prozent. Hierzu (und falls möglich auch darüber hinaus) sind jene Mittel aus dem FAG zu verwenden, welche in den vergangenen Jahren eingespart wurden.
(4) Gemäss Anhang 5 zum Finanzausgleichsgesetz werden die Ausgleichsbeiträge im Sonderlastenausgleich «Schule» linear ansteigend gekürzt, wenn die technische Steuerkraft einer Gemeinde zwischen 100 Prozent und 120 Prozent der technischen Steuerkraft im kantonalen Durchschnitt liegt. Da auf die Einführung eines horizontalen Finanzausgleichs verzichtet wird, kann mit einer Anpassung dieses Kürzungsmechanismus ein notwendiger Beitrag zur Reduktion der Ungleichheit zwischen den Steuerfüssen geleistet werden. Eine vollständige Kürzung der Ausgleichsbeiträge soll bereits ab 110 Prozent der durchschnittlichen kantonalen technischen Steuerkraft erfolgen. Der Regierung wird beantragt, den Anhang 5 zum Finanzausgleichsgesetz so anzupassen, dass eine vollständige Kürzung der Ausgleichsbeiträge im Sonderlastenausgleich Schule bereits ab einer Steuerkraft von 110 Prozent der durchschnittlichen kantonalen technischen Steuerkraft erfolgt.
(5) Die Einführung eines neuen Sonderausgleichs «Dichte» ist zu prüfen mit der Zielsetzung, analog der „Weite“ ebenso Lasten der „Dichte“ auszugleichen. Als Beispiele werden Erneuerung und Ausbau der Erschliessung im Verkehr mit Strasse und ÖV, Ver- und Entsorgung, Sicherheit oder Freizeit und Kulturangebote sowie weitere zentralörtliche Leistungen mit Sogwirkung vorgeschlagen. Die Arbeitszonenbewirtschaftung und der Zugang zu den Zentren würden somit als wichtig erachtet, der damit verbundene Mehrwert für die gesamte Region und darüber hinaus anerkannt. Einen ähnlichen Ausgleich kennt der Kanton Luzern. Dieser wird „Infrastrukturlastenausgleich“ genannt und gleicht überdurchschnittliche Lasten der Gemeinden, die mit höheren Kosten für die Bereitstellung notwendiger Infrastruktur zusammenhängen, teilweise aus. Für die Ausgleichszahlungen werden die Indikatoren Arbeitsplatzdichte (Gewicht 75%) und Bebauungsdichte (Gewicht 25%) herangezogen. Wir beantragen der Regierung, die Einführung des Sonderausgleichs «Dichte» zu prüfen und dessen Einführung auf die Periode 2028 vorzuschlagen.
(6) Die Stadt St. Gallen ist als vielfältiger Bildungs- und Kulturstandort mit nationaler Strahlkraft, mit dem Switzerland Innovation Park Ost als wirtschaftlicher Motor und für die gesellschaftliche und soziale Entwicklung des Kantons von grosser Bedeutung. Auch die ländlicheren oder peripheren Orte des Kantons haben deshalb ein vitales Interesse, dass die Stadt St.Gallen auf der wichtigen Achse Zürich – München und ins wirtschaftliche interessante Vorarlberg seine Wirkung als Metropole entfalten kann. Eine zusätzliche Unterstützung der ungedeckten Zentrumslasten von 12 Mio. Franken ist deshalb angezeigt. Allerdings scheinen uns die vorgeschlagenen Beträge von CHF 3,7 Mio., rsp. 4 Mio. willkürlich zu sein. Ein Sonderlastenausgleich muss nachvollziehbar sein, und nicht ein Resultat von individuellen Verhandlungen. Die Bedingung, dass im Hinblick auf den Wirksamkeitsbericht 2028 die Lastenverteilung zwischen Stadt und Kanton im Bereich Kultur sowie die Nutzung von Synergien zwischen Kantons- und Stadtpolizei eingehend geprüft werden, ist nachvollziehbar und zu unterstützen. Mit der Einführung eines Sonderlastenausgleichs «Dichte» wäre allenfalls der Sonderausgleich Stadt St. Gallen obsolet, rsp. würden auch andere stark belastete Zentrumsstädte wie beispielsweise Wil, davon profitieren.
Wir anerkennen die Bedeutung der Stadt St.Gallen und unterstützen deshalb den zusätzlichen Ausgleich der Zentrumslast im Rahmen von 4 Mio. Franken, befristet bis 2028. Ebenso anerkennen wir die Anstrengungen der Stadt, aus eigener Kraft die finanzielle Situation schrittweise zu verbessern. Wir begrüssen die vertiefte Prüfung in den Bereichen Kultur und Polizei. Diese muss jedoch ergebnisoffen sein.
Wir erwarten zudem, dass auf den Wirksamkeitsbericht 2028 die Berechnung «Sonderlastenausgleich St. Gallen» auch für weitere Jahre nachvollziehbar dargelegt und ein Verteilmechanismus implementiert wird, sollte nicht über den Sonderlastenausgleich «Dichte» ein anderes Abgeltungsmodell gefunden werden.
(7) Die Überprüfung des Verteilschlüssels der Kosten des öffentlichen Verkehrs hat ergeben, dass der Gewichtungsfaktor von Buslinien im Gesamtsystem (Stadt- bzw. Ortsbusse) von Faktor 1,5 auf Faktor 1,2 reduziert werden soll. Andererseits soll der Gemeindeanteile von 50 auf 45 Prozent reduziert werden. Es wird vorgeschlagen, die dadurch entstehenden Zusatzkosten über den FAG auszugleichen. Dies ist allerdings systemwidrig. Wir schlagen vor, den öV-Kostenverteilschlüssel insgesamt zu überprüfen. Dabei gilt es zu beachten, dass eine gute Vernetzung von Stadt und Land gefördert wird. Optimalerweise fördert der Verteilschlüssel ein gut ausgebautes überregionales, effizientes ÖV-Netz (auch im internationalen Verkehr), anstatt Zentren über die Gewichtung der Abfahrten für ein dichtes Angebot und eine gute Vernetzung mit dem Umland überproportional zu belasten.