Mittwoch, 13. April 2022

Keine Teilspange in St.Gallen, kein Zubringer Güterbahnhof

Die Grünliberalen von Kanton und Stadt St.Gallen fordern, dass auf die Realisierung der Spange Güterbahnhof mit dem Kreisel und dem Liebeggtunnel verzichtet wird. Ihre Gründe gegen dieses Projekt, aus nach dem Geist des letzten Jahrhunderts, haben sie in der Antwort auf die Vernehmlassung des Bundes dargelegt.

Die Ausgangslage, welche vor gut 10 Jahren zur Festlegung dieses Autobahnanschlusse geführt hat, ist heute nicht mehr dieselbe. Sensibilisiert durch den Klimawandel und durch die gewonnene Erkenntnis, dass unsere gewachsenen Städte nicht in der Lage sind, beliebig viel motorisierten Individualverkehr aufzunehmen, hat sich die Bevölkerung der Stadt St.Gallen in mehreren Volksabstimmungen für eine Änderung der Verkehrspolitik ausgesprochen.

 

2010 wurde mit der Annahme des «Reglements für eine nachhaltige Verkehrsentwicklung» der Plafonierung des MIV zugestimmt. 2018 wurde dieser Entscheid durch die Ablehnung der «Mobilitätsinitiative», mit welcher der Entscheid von 2010 hätte korrigiert werden sollen, bestätigt. Weiter hat das Stadtparlament auf Druck der beiden Stadtklimainitiativen die Weichen zur Umgestaltung von Quartierstrassen gelegt. Ein Konzept von Verbänden unter der Führung des WWF liegt vor: Grünes Gallustal.

Mit dem Ja zum Klimaartikel in der Stadtordnung verpflichtet sich auch die Stadt St.Gallen, bis 2050 klimaneutral zu sein. Der Bau einer neuen städtischen Expressstrasse steht dieser Politik diamteral entgegen.

Unter heutigen Voraussetzungen würde die Idee eines Autobahnanschlusses im Güterbahnhof nicht mehr aufgegriffen werden.


Das Argument, neue Strassen verursachen mehr Verkehr, wird oft als ideologisch abgetan. Es ist jedoch Tatsache, dass der Mensch seine Wege in Minuten misst, nicht in Kilometer. Neue Strassen erweitern somit seinen Bewegungsradius im von ihm festgelegten Zeitbudget. Neue Strassen vergrössern also zweifellos die Verkehrsmenge.

 


​Verkehsrtechnische Fehlüberlegung

 

Der Autobahnanschluss im Güterbahnhof muss aber auch ohne diese Überlegungen in Frage gestellt werden. So erschliesst er lediglich den Verkehr von und nach Zürich. Der Verkehr von und nach St.Margrethen würde auch künftig via St. Leonharsdbrücke und Schorentunnel zirkulieren müssen. Für diese halbe Lösung sind fast 850 Mio. Franken, welche der Zubringer Güterbahnhof mit dem Liebeggtunnel zusammen kosten könnte, sehr viel Geld. Eine Wirtschaftlichkeitsrechnung, welche bei Bauvorhaben jeweils durchgeführt wird, scheint bei Strassenprojekten nicht nötig zu sein.

 

Die Notwendigkeit des Autobahnaschlusses im Güterbahnhof wird mit der Erreichbarkeit des Zentrums begründet. Die wichtigsten und am meisten frequentierten zentralen Ziele von Autofahrenden aus Richtung Zürich sind die grossen Parkgaragen und der Hauptbahnhof. Sie alle sind via Ausfahrt Kreuzbleiche schneller und direkter erreichbar. Selbst während der aktuellen allabendlichen Staus auf der Autobahn Richtung Osten, verursacht durch die Baustelle, ist die Ausfahrt Kreuzbleiche stets frei befahrbar, wie die Verkehrslage von Navigationssystemen zeigt.

 

Eine Entlastung des Schorentunnels drängt sich somit nicht auf. Wird jedoch eine neue Strasse direkt zum Güterbahnhof geführt, droht auf dem untergeordneten Strassennnetz zwischen Geltenwilenstrasse und Oberer Gravbenn aufgrund des zusätzlichen Verkehrs der Kollaps.
Und von der Erfüllung der Lärmschutzgrenzwerte wären wir dann noch weiter weg.

 

​Weitere Gründe, welche gegen das Projekt sprechen

 

Der Liebeggtunnel in Richtung Teufen wird den 2019 eröffneten, parallel verlaufende Bahntunnel direkt konkurrenzieren und somit seine Rentabilität massiv gefährden.


Die Bauphase wird die Stadt während 10 Jahren massiv beeinträchtigen, sei es durch die Installationsplätze oder durch die LKW-Fahrten für Materiallieferungen oder den Aushubabtransporte zur Deponie. Viele Tunnelabschnitte werden im Tagbau erstellt und jene, die gebohrt werden, liegen teilweise in schwierigem Baugrund und führen nur wenige Meter unter den bebauten Quartieren Vonwil und Lachen hindurch. Im Bereich des Tunnelportals Geltenwilenstrasse ist mit Hausabbrüchrn zu rechnen. Erste Testplanungen deuten auf eine Verbreiterung der St.Leonhardsbrücke hin und auf massive Beeinträchtigungen für den Fuss- und Velovekehr.

 

Selbst wenn die meisten Strassen unterirdisch zu liegen kommen, ist die Beeinträchtigung des Entwicklungsgebiets Güterbahnhof gross. Durch das Tunnelportal und den damit verbundenen Ausbau von Geltenwilen- und St.Leonhardstrasse, ist eine städtebaulich gewünschte Verbindung zur Innenstadt verunmöglicht. Und die beengten Platzverhältnisse Richtung Oberstrasse lassen kaum Raum für einen Zugang von Westen ins Areal.